Katholische Kirche setzt Expertenrat gegen Missbrauch ein

Das Erzbistum Paderborn, zu dem auch die katholischen Kirchen bei uns gehören, will konsequenter gegen sexualisierte Gewalt vorgehen. Künftig unterstützt ein unabhängiger Expertenrat die Bearbeitung gemeldeter Fälle.

Der Expertenrat prüft Verdachtsfälle sexualisierter Gewalt in anonymer Form. Das bedeutet, die Identität der Betroffenen bleibt geschützt. Die Mitglieder bringen ihre Expertise ein, bewerten die Fälle und geben konkrete Empfehlungen zur weiteren Bearbeitung. Diese Empfehlungen werden direkt in die jeweilige Fallakte aufgenommen. Die Leitung des Expertenrats übernimmt Thomas Wendland, Interventionsbeauftragter des Erzbistums. Der Expertenrat arbeitet eng mit weiteren Akteuren zusammen: der Bistumsleitung, unabhängigen Ansprechpersonen, der Präventionsbeauftragten und der Betroffenenvertretung. Gemeinsam bilden sie eine erweiterte Konferenz, die nicht nur Einzelfälle bespricht, sondern auch übergreifende Themen behandelt und Empfehlungen ausspricht.

 Der Expertenrat besteht folgenden Fachleuten: 

  • Jan-Henrik Heinz, Rechtsanwalt für Strafrecht (Dortmund)
  • Anke Lesner, Leiterin der Beratungsstelle Wildwasser (Bielefeld)
  • Dr. Andrea Möllering, Leiterin der Klinik für Psychotherapeutische und Psychosomatische Medizin in Bielefeld-Bethel
  • Hans Herbert Hölsbeck, Kirchenrechtler (Essen)


Missbrauchsfall auch bei uns im Sauerland

Der Missbrauch durch einen früheren katholischen Priester im Sauerland wird seit über einem Jahr aufgearbeitet. Es geht um den Einsatz eines einschlägig vorbestraften Priesters an verschiedenen Orten auf dem Gebiet des Erzbistums Paderborn. Der zunächst im Bistum Aachen inkardinierte Priester wurde im Jahr 1969 wegen Unzucht an minderjährigen Jugendlichen zu einer Haftstrafe verurteilt, die er 1970 und 1971 im offenen Vollzug in Attendorn verbüßte. Während des offenen Vollzugs war er in der Gemeinde seelsorglich tätig. Zwei fachärztliche und psychologische Gutachten sowie die Einschätzung des damaligen JVA-Leiters kamen derzeit zu dem Schluss, dass bei einem zukünftigen Einsatz keine weiteren Ausfälligkeiten im sexuellen Bereich zu erwarten seien. Das Bistum Aachen bat das Erzbistum Paderborn, den Priester nach dessen Haftentlassung auf dem Gebiet des Erzbistums einzusetzen. Dieser Bitte gab der damalige Paderborner Erzbischof Lorenz Kardinal Jaeger statt. Die Pfarrer und Seelsorger in den jeweiligen Gemeinden waren nach Aussage des Erzbistum Paderborn nicht über die Vorgeschichte des Geistlichen informiert. Der Beschuldigte wurde 2008 in Arnsberg in den Ruhestand versetzt und verstarb im Jahr 2016.Im Jahr 1991 erhielt der damalige Paderborner Erzbischof Degenhardt dann Hinweise, dass der Beschuldigte sexuelle Kontakte zu einem Jugendlichen unterhalten solle. Die Familie des Betroffenen wünschte seinerzeit zu dessen Schutz, dass die Handlungen nicht öffentlich gemacht würden. Es erfolgte eine Versetzung des Priesters nach Arnsberg. Erst später erhielt der Priester die Auflage, den früheren Einsatzort zu meiden.

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