Freie Plätze: Bilanz zum Ausbildungsjahr 2021/22

Die Chancen für Jugendliche im Sauerland einen Ausbildungsplatz zu finden stehen gut. Besonders Handwerksbetriebe haben es zunehmend schwer Azubis zu finden.

Johanna Leber (Mitte) ist Auszubildende im ersten Lehrjahr im "Jagdhaus Wiese" in Schmallenberg-Jagdhaus.  (August 2016)
© Radio Sauerland

Die Chancen für Jugendliche auf einen Ausbildungsplatz sind im Sauerland so gut wie lange Zeit nicht mehr. Diese Bilanz des Ausbildungsjahres 2021/22 zieht der Arbeitsagentur Meschede-Soest. Noch unbesetzt sind jetzt 415 Ausbildungsstellen. Die meisten im Einzelhandel. Auch viele Ausbildungsstellen zu Industriekauf- und Hotelfachleuten sind noch frei.

© Agentur für Arbeit Meschede-Soest
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Mehr abgeschlossene Ausbildungsverträge im Bereich der IHK

Jörg Nolte, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Arnsberg, Hellweg-Sauerland: „Die berufliche Bildung erlebt am Hellweg und im Sauerland einen echten Boom. Trotz der stark rückläufigen Bewerberzahlen konnten wir Ende Oktober 8,5 Prozent mehr Ausbildungsverträge als im Vorjahr registrieren. Das ist auch im NRW-Vergleich (dort im Durchschnitt 1,1 %) ein Rekordwert. Und es gehen sogar noch weitere Ausbildungsverträge bei uns ein. Die Unternehmen bekennen sich damit trotz der schwierigen Konjunkturprognose zu ihrem Standort und zur Sicherung ihres Fachkräftenachwuchses durch Ausbildung. Unsere Betriebe ernten damit auch den Erfolg für ihre enormen Bemühungen, immer mehr junge Menschen für den Einstieg in die berufliche Karriere zu begeistern. Das ist für mich ein starkes Signal für das Engagement unserer Unternehmen und die guten regionalen Chancen. Einen Wehrmutstropfen gibt es jedoch auch in diesem Jahr: Es fehlen Bewerber. Unsere Mitgliedsunternehmen konnten nicht alle angebotenen Ausbildungsplätze besetzten. Das Potenzial für Ausbildung in der Region hat also noch Luft nach oben. 

Handwerkskammer sieht weiter "Akademisierungstrend"

Hendrik Schmitt, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Südwestfalen:

Es ist einmal mehr erschreckend zu sehen, wie sich der Trend von Jahr zu Jahr fortsetzt: Die Schere zwischen offenen Ausbildungsstellen und Bewerbern geht immer weiter auseinander. Im Bezirk der Handwerkskammer Südwestfalen konnten wir zum Stichtag 30. September bei neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen erfreulicherweise ein Plus von zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr verbuchen. Im Hochsauerlandkreis ist jedoch die Tendenz deutlich negativ: Wurden 2021 noch 554 Verträge abgeschlossen, sind es jetzt noch 526.

Problematisch – und letztlich seit Jahren bekannt – ist zum einen die demografische Entwicklung, zum anderen aber hat die berufliche Ausbildung nicht den Stellenwert bei der Berufswahl, die sie verdient. Der Akademisierungstrend ist ungebrochen. Hier gilt es, mit vereinten Kräften gegenzusteuern. Die Politik muss handeln, die berufliche Bildung muss endlich so ausgestaltet werden, dass Schüler, Eltern und Lehrer die betriebliche Ausbildung als gleichwertige Alternative wahrnehmen.

Gelingt uns das nicht, ist mittelfristig aufgrund des Fachkräftemangels mit erheblichen Wohlstandsverlusten zu rechnen. Die Spirale dreht sich immer weiter: Weniger Personal, weniger Aufträge, weniger Umsatz, weniger Gewerbesteuern, weniger öffentliche Leistungen.


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