Sauerland: Vorgezogene Bundestagswahlen im Frühjahr?
Veröffentlicht: Donnerstag, 07.11.2024 06:12
Nach dem Scheitern der Regierungskoalition aus SPD, FDP und Grüne will Bundeskanzler Olaf Scholz im Januar im Bundestag die Vertrauensfrage stellen.
Die Bundesregierung aus SPD, Grüne und FDP ist Geschichte. Kanzler Olaf Scholz hat gestern FDP-Finanzminister Patrick Lindner gefeuert. Andere FDP-Minister wollen zurücktreten.
Nach 8 Uhr ist die Meldung gekommen, dass Volker Wissing Verkehrsminister bleiben will und aus der FDP austritt.
Das Ende der Ampel könnte auch im Sauerland für einen vorgezogenen Bundestagswahlkampf sorgen. Neuwahlen im Frühjahr sind wahrscheinlich. Der Sauerländer SPD-Bundestagsabgeordnete Dirk Wiese äußerte sich zum Lindner Rausschmiss so: Lindner habe wiederholt den Koalitionsvertrag ignoriert. Außerdem kritisierte er seine Indiskretionen." Es gibt keine Basis mehr für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit".
Gespräche mit Merz
Kanzler Scholz hat Gespräche mit der CDU/CSU Fraktion im Bundestag angekündigt, um rasch gemeinsam nach Lösungen zur Stärkung der Wirtschaft und der Verteidigung zu suchen. „Ich werde nun sehr schnell auch das Gespräch mit dem Oppositionsführer, mit Friedrich Merz suchen“, sagte der SPD-Politiker in Berlin.
Der Sauerländer CDU-Bundestagsabgeordnete Merz ist auch der Kanzlerkandidat der CDU/CSU.
Vertrauensfrage am 15. Januar
Die Rot-Grüne Regierung besteht weiter, sie hat allerdings keine Mehrheit im Parlament. Sie soll auch nur für eine Übergangsphase bestehen, von der man noch nicht genau weiß, wie lange sie dauern wird. Am 15. Januar will Scholz die Vertrauensfrage im Bundestag stellen, um eine Neuwahl herbeizuführen. Die muss wegen zweier im Grundgesetz verankerter Fristen von insgesamt 81 Tagen spätestens Anfang April stattfinden. Als wahrscheinlichster Termin gilt derzeit der 30. März, weil dann in keinem Bundesland Ferien sind.
Der Bruch der ersten Koalition von SPD, Grünen und FDP auf Bundesebene war am Mittwochabend nach einem erbitterten Richtungsstreit vor allem über den künftigen Kurs in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik erfolgt. Scholz hatte in den Verhandlungen unter anderem ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse gefordert. Angesichts der verfahrenen Lage hatte Lindner dann in der Sitzung des Koalitionsausschusses mit allen Partei- und Fraktionsspitzen am Mittwochabend vorgeschlagen, gemeinsam eine Neuwahl des Bundestags in die Wege zu leiten.
Reaktionen aus der Sauerländer Politik
Friedrich Merz, CDU-Bundestagsabgeordneter für den Hochsauerlandkreis
Die Unionsfraktion hat Bundeskanzler Olaf Scholz aufgefordert, spätestens in der kommenden Woche die Vertrauensfrage im Bundestag zu stellen. Die Ampel-Koalition sei "gescheitert", und damit sei die Legislaturperiode zu Ende, sagte Fraktionschef Friedrich Merz nach einer Fraktionssitzung in Berlin. Er schlug zudem Neuwahlen für den Bundestag in der zweiten Januarhälfte vor. Merz: "Es gibt überhaupt keinen Grund, die Vertrauensfrage jetzt erst im Januar des nächsten Jahres zu stellen. Die Ampel hat keine Mehrheit mehr im Deutschen Bundestag, und damit haben wir den Bundeskanzler aufzufordern, und zwar mit einem einstimm und zwar mit einem einstimmigen Beschluss der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, jetzt sofort die Vertrauensfrage zu stellen, spätestens Anfang nächster Woche."
Dirk Wiese, SPD-Bundestagsabgeordneter für den Hochsauerlandkreis
Es gibt keine Basis mehr für eine Vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Christian Lindner. Er hat wiederholt den Koalitionsvertrag ignoriert, Einigungen, um die wir gerungen haben, aufgeschnürt und immer wieder diese Indiskretionen.
Wir haben eine große Verantwortung für unsere Land, unsere Sicherheit, Industrie und Arbeitsplätze. Olaf Scholz ist sich dessen sehr bewusst, deswegen hat er das auch zur Chefsache gemacht. Jetzt müssen die Fraktionen der Mitte der Verantwortung für Deutschland gerecht werden und das Land vor Parteitaktik stellen.
Diese Themen duldeten keinen Aufschub, sagte Wiese im Gespräch mit Radio Sauerland:
Entlastung der deutschen Wirtschaft, Sicherheits- und Verteidigungspolitik und die Unterstützung der Ukraine.
Carl-Julius Cronenberg FDP-Bundestagsabgeordneter für den Hochsauerlandkreis
"Die mittelständischen Betriebe bei uns im Sauerland leiden unter der schlechten wirtschaftlichen Lage und bisher sichere Arbeitsplätze geraten in Gefahr. Die von der FDP vorgeschlagene Wirtschaftswende ist gerade für die Zukunft unserer Region von großer Bedeutung. Die Wiederwahl von Donald Trump hat noch einmal deutlich gemacht, dass wir eine handlungsfähige Bundesregierung brauchen, die agiert und nicht nur amtiert. SPD und Grüne haben gestern deutlich gemacht, dass sie einen Kurswechsel hin zu wirtschaftlicher Dynamik bei finanzieller Stabilität nicht wollen. Vor diesem Hintergrund hat die Koalition keine Arbeitsgrundlage mehr. Jetzt ist die Zeit für einen Neuanfang."
Sandra Stein, Bundestagskandidatin der Grünen für den Hochsauerlandkreis
"Ich habe gestern Abend aus den Medien von der Entlassung Christian Lindners als Finanzminister erfahren. An einem Tag, an dem Donald Trump zum Präsidenten der USA gewählt wurde und sich die Koordinaten weltweit völlig neu ausrichten, hätte ich mir Stabilität in der Regierung gewünscht. Doch offenbar war der Vertrauensverlust insbesondere zwischen Kanzler Scholz und Finanzminister Lindner so groß, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht möglich war. Die Entlassung von Christian Lindner sowie die Ankündigung des Kanzlers, die Vertrauensfrage zu stellen, waren daher folgerichtig. Für uns Grüne bedeutet das, in der verbleibenden Zeit in der Koalition weiter Verantwortung für das Land und unsere Aufgaben zu übernehmen und gleichzeitig verloren gegangenes Vertrauen bei den Wählerinnen und Wählern zurückzugewinnen. Ich bin bereit, den Wahlkampf hier im Hochsauerlandkreis für Bündnis 90/Die Grünen aufzunehmen und an dieser Herausforderung mit voller Kraft mitzuwirken. Natürlich müssen wir uns nun sehr schnell sortieren und ein viel höheres Tempo in der Wahlkampfplanung und -umsetzung an den Tag legen. Ich bin aber optimistisch, dass uns das gelingt, denn wir haben uns natürlich auch auf das Szenario einer vorgezogenen Bundestagswahl vorbereitet. Ich muss in meinem Leben nun einige Dinge umplanen. Das betrifft unser Unternehmen und ganz besonders natürlich meine Familie. Aber das schaffen wir gemeinsam! Zum Glück erfahre ich große Unterstützung aus meinem privaten Umfeld, weshalb ich mit viel Motivation und Energie auf den anstehenden Wahlkampf blicke."