Sauerland: Verunsicherung durch Grundsteuerreform

Brilon plant nach der Entscheidung über künftige Hebesätze für Immobilienbesitzer eine Infoveranstaltung.

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Viele Haus- und Grundbesitzer im Sauerland sind aktuell verunsichert. Viele rechnen damit, dass sie demnächst mehr Grundsteuer für ihre Immobilie zahlen müssen.

Es herrscht Ungewissheit, heißt es beispielsweise aus Brilon. Der Stadt sei das bewusst. Sie plant nach der Entscheidung im Rat über künftige Hebesätze eine Bürgerinfoveranstaltung.

Aus Winterberg heißt es, man wolle das Dauerwohnen in Winterberg weiter stärken.

Wenn die Grundsteuerreform greift, wird es für Wohngebäude künftig teurer und für Gewerbeimmobilen günstiger, so Experten. Die Grundsteuer ist eine wichtige Finanzierungsquelle für Städte und Gemeinden und sichert ihnen eine zuverlässige Einnahme.

Winterberg:

Die Stadt Winterberg sagt dazu: "aus unserer Sicht wäre es sinnvoller gewesen, die Entlastung der Wohngrundstücke durch Anpassung der Grundsteuermesszahlen landeseinheitlich wie z.B. in Sachsen oder im Saarland zu regeln. Leider hat das Land NRW diese landesweite Regelung nicht geschaffen. Nun müssen es die Kommunen wieder richten, wenn es darum geht Wohn- und Nichtwohngebäude ausgleichend zu behandeln. Wir werden uns hier nicht um eine Entscheidung drücken, sondern nun gemeinsam mit dem Rat beraten und eine Entscheidung im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger treffen. Was heute für die Fraktionen bereits klar ist: Es soll keine Anhebung der Grundsteuer über die Hintertür geben. Der Betrag, der insgesamt über die Grundsteuer B vor der Reform eingenommen wurde, soll auch nach der Reform eingenommen werden".


Der Stadtrat habe sich bereits mehrfach intensiv mit dem Thema beschäftigt. In der Ratssitzung Ende November soll die endgültige Entscheidung fallen. In der politischen Beratung würden allen Berechnungen der Hebesätze unter dem Blickwinkel der Aufkommensneutralität vorgenommen. Des Weiteren soll die Belastungsverschiebung zwischen Wohn- und Nichtwohngrundstücken so gering wie möglich gehalten werden. Das erklärte politische Ziel sei, das Dauerwohnen in Winterberg weiter zu stärken.

Brilon

Die Stadt Brilon sagt, dass ein möglicherweise über dem Durchschnitt liegender relativer Anstieg der Grundsteuer B unter Annahme des vom Land vorgeschlagenen und ermittelten einheitlichen Hebesatzes auch Folge eines bisher im interkommunalen Vergleich sehr niedrigen Hebesatzes ist. Mit dem bis 2024 festgesetzten Hebesatz von 480% liege Brilon auf Platz 36 der 396 Städte und Gemeinden in NRW, d.h., dort werde die Grundsteuer bisher nach dem 36.-niedrigsten Hebesatz erhoben. Man habe sich intensiv mit der Frage nach dem „richtigen“ Vorgehen beschäftigt. In der kommenden Ratssitzung und im Rahmen der Einbringung des Haushalts 2025 werden die Vorschläge zur Entscheidung vorgelegt.


Unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Rates werde ein differenzierter Hebesatz angestrebt, um die unter dem Postulat der Aufkommensneutralität teilweise starken Anstiege der Grundsteuer für Wohngrundstücke ein Stück weit abzufedern und damit die Wohnnebenkosten flächig zu entlasten. Welche Hebesätze für Wohn- und Nichtwohngrundstücke im Rahmen der Haushaltseinbringung vorgeschlagen werden, lasse sich momentan noch nicht abschließend sagen.


Nach der am 28.11. geplanten Haushaltseinbringung ist eine Bürgerveranstaltung geplant. Die Verunsicherung in der Bevölkerung sei wahrnehmbar, insbesondere auch, weil das Land nicht in der Lage war, über eine Messzahldifferenzierung eine einheitliche Lösung zu schaffen und damit einerseits Verwaltungs- und potenzielle Prozessrisiken auf die Kommunen verschiebt sowie andererseits einen Flickenteppich landesweit höchst unterschiedlicher Regelungen zulässt.

Olsberg

Bei der Grundsteuer B beschließt die Stadt Olsberg gesplittete Hebesätze. Das hat der Olsberger Stadtrat mit breiter Mehrheit beschlossen. Auf diese Weise möchte die Stadt im Rahmen der bundesweiten Grundsteuer-Reform eine Verteuerung des Wohnens möglichst begrenzen. Bereits im Vorfeld der Sitzung hatten sich sowohl die CDU- wie auch die SPD-Fraktion für gesplittete Hebesätze ausgesprochen. Ziel sei es, damit „das Ungleichgewicht zwischen den Wohnimmobilien und den gewerblichen Grundstücken in etwa auszugleichen“, so die CDU-Fraktionsvorsitzende Sabine Menke.


Hintergrund: Mit dem Modell, das NRW im Rahmen der Grundsteuerreform für die Bewertung gewählt hat, kommt es tendenziell zu einer teilweisen Aufwertung von Wohngrundstücken und zu einer deutlichen Abwertung von Gewerbegrundstücken. Konkret bedeutet dies: Wenn das Aufkommen aus der Grundsteuer für eine Kommune „unterm Strich“ gleichbleiben soll, müssten – ebenfalls tendenziell – Eigentümer von Wohngrundstücken mehr zahlen, wohingegen Eigentümer von Gewerbegrundstücken eher entlastet werden.

Konkret werden sich die Auswirkungen aber „sehr individuell“ gestalten, so Olsbergs Stadtkämmerer Stefan Kotthoff. Mit den gesplitteten Hebesätzen – diese Möglichkeit räumt das Land NRW seinen Kommunen ein – soll diese Tendenz möglichst abgefedert werden. Eine 100-prozentige Gleichbehandlung zwischen Wohn- und Gewerbegrundstücken sei aber nicht zu machen, so Sabine Menke. Sie schlug für das kommende Jahr Hebesätze von 565 v.H. für Wohngrundstücke und 1.130 v.H. für Gewerbegrundstücke vor – dies biete anhand bisher erfolgter Gerichtsurteile eine bestmögliche Rechtssicherheit. SPD und die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen schlossen sich diesem Vorschlag an. Der Hebesatz für die Grundsteuer A – für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke – wird 2025 bei 203 v.H. liegen; die Gewerbesteuer bleibt stabil.

Pläne der Landesregierung

  • Für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke gilt Grundsteuer A
  • Für alle bebauten oder bebaubaren Grundstücke sowie Gebäude gilt Grundsteuer B
  • Differenzierte Hebesätze für Wohn- und Nichtwohngebäude innerhalb der Grundsteuer B


Kommunen in NRW sollen laut Landesregierung die Möglichkeit erhalten, mit differenzierten Hebesätzen auf ihre regionalen Verhältnisse reagieren zu können. Die Grundsteuer ist eine kommunale Steuer – sie wird von der Kommune erhoben und bleibt in der Kommune. Auch das Hebesatzrecht fällt seit jeher in die kommunale Selbstverwaltung, heißt es. Die Entscheidung über eine Hebesatzdifferenzierung wird in den Rathäusern getroffen. Die Verantwortlichen vor Ort hätten alle Optionen, um eine faire und zielführende Besteuerung für die Menschen und Unternehmen in ihrer Kommune festzusetzen.

Bis zum 30. Juni 2025 können Kommunen ihre zum 1. Januar 2025 geltenden Grundsteuerhebesätze anpassen.

2018 hatte das Bundesverfassungsgericht die bisherige Bewertungsmethodik der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt – die Bewertungsregeln müssten eine „realitätsnahe Bewertung“ ermöglichen, so die Begründung.

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