Sauerland: In vielen Gebäuden steckt Asbest
Veröffentlicht: Dienstag, 14.11.2023 00:00
Die Gewerkschaft IG Bauen-Agrar-Umwelt warnt bei Sanierungen vor Asbest. Tonnen von Baumaterial mit Asbest steckten im HSK in Altbauten.
Die Gewerkschaft IG Bauen-Agrar-Umwelt warnt vor Asbest in vielen Gebäuden bei uns im HSK. Bei Sanierungen würde der Baustoff beim Einatmen der Fasern zur Gefahr. Jahrzehnte später könnten Lungen-, Bauchfell- oder Kehlkopfkrebs die Folge sein. Zum Komplett-Schutz bei einer Sanierung gehöre daher eine FFP3-Atemschutzmaske, ein Overall, Schutzbrille und Handschuhe. Von 1950 bis 1989 kamen Asbest-Baustoffe intensiv zum Einsatz. In der Zeit wurden im HSK 40.000 Wohnhäuser mit 74.100 Wohnungen neu gebaut. Die Gewerkschaft fordert einen Schadstoff-Gebäudepass mit unterschiedlichen Gefahrenstufen für die jeweilige Asbest-Belastung eines Gebäudes.
Friedhelm Kreft von der IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU): „In den vier ‚Asbest-Jahrzehnten‘ wurden im Hochsauerlandkreis rund 40.000 Wohnhäuser mit 74.100 Wohnungen neu gebaut. Das sind immerhin 55 Prozent aller Wohngebäude, die es heute im Kreis gibt. Dazu kommen noch Gewerbegebäude, Garagen, Ställe und Scheunen in der Landwirtschaft."
Situationsanalyse Asbest
Der Bezirksvorsitzende der IG BAU Westfalen Mitte-Süd verweist dabei auf die „Situationsanalyse Asbest“, die die Bau-Gewerkschaft beim Pestel-Institut (Hannover) in Auftrag gegeben hat. „Asbest ist ein krebserregender Stoff. Wer in einem asbestbelasteten Haus wohnt, muss sich trotzdem erst einmal keine Sorgen machen. Erst bei Sanierungsarbeiten wird es kritisch. Dann kann Asbest freigesetzt und damit zu einem ernsten Problem werden“, sagt Friedhelm Kreft. Er warnt vor einer „unsichtbaren Gefahr“, wenn Altbauten zu Baustellen werden.
Tonnen Asbest in alten Gebäuden
Altbauten im Hochsauerlandkreis sind ein tonnenschweres Asbest-Lager, heißt es. Die krebserregende Mineralfaser steckten in vielen Baustoffen. Die ‚Asbest-Fallen‘ lauerten überall: Asbest ist oft im Putz und sogar in Spachtelmassen und Fliesenklebern. Vor allem aber im Asbest-Zement. Daraus wurden vorwiegend Rohre, Fassadenverkleidungen und Dacheindeckungen gemacht. Eternit war typisch für den Westen, Baufanit für den Osten, sagt Friedhelm Kreft. Ein großes Problem sei Spritz-Asbest. Vor allem Aufzugsschächte sowie Schächte mit Versorgungs- und Entsorgungsleitungen wurden früher intensiv mit Spritzasbest verkleidet, heißt es.
Maßnahmepaket
Die IG BAU will der drohenden „Asbest-Welle“ auf dem Bau jetzt mit einem Maßnahmenpaket entgegentreten. Die Bau-Gewerkschaft hat dazu eine bundesweite „Asbest-Charta“ mit zentralen Forderungen für mehr Schutz vor Asbest vorgelegt. Der 5-Punkte-Katalog kann bei der IG BAU Westfalen Mitte-Süd angefordert werden: hamm@igbau.de.
Friedhelm Kreft fordert einen Schadstoff-Gebäudepass mit unterschiedlichen Gefahrenstufen für die jeweilige Asbest-Belastung eines Gebäudes. Jeder müsse wissen, auf was er sich einlässt, wenn er Fliesen abschlägt, Wände einreißt oder Fassaden saniert. Er plädiert außerdem für eine staatliche Sanierungsprämie. Dazu müsse der Bund ein KfW-Förderprogramm „Asbest-Sanierung“ schaffen. Die Gewerkschaft fordert eine intensive Asbest-Aufklärung: „Bauarbeiter und Heimwerker müssen wissen, wie der optimale Schutz vor Asbest aussieht. Und das muss den Menschen in der Sprache gesagt werden, die sie verstehen – den ausländischen Beschäftigten also auch in ihrer Muttersprache“, so Friedhelm Kreft.
Hintergrund:
Die Dimension und damit auch die Gefahr, die vom Asbest ausgehe, sei gewaltig: Insgesamt sind nach Angaben des Pestel-Instituts von 1950 bis 1990 bundesweit rund 4,35 Millionen Tonnen Asbest (Ost- und Westdeutschland) importiert worden. Daraus seien rund 3.500 Produkte hergestellt worden – die meisten davon für den Baubereich: Knapp 44 Millionen Tonnen asbestbelastetes Baumaterial steckten bundesweit im Gebäudebestand. In den vergangenen zehn Jahren sind nach Angaben der IG BAU 3.376 Versicherte der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) an den Folgen einer asbestbedingten Berufserkrankung gestorben – 320 Baubeschäftigte in 2022.