Apotheken im Sauerland lehnen Apothekenreform ab
Veröffentlicht: Dienstag, 25.06.2024 05:45
Der Apothekerverband im Hochsauerlandkreis befürchtet das Ende der wohnortnahen Versorgung mit Arzneimitteln

Die Apotheker im Hochsauerlandkreis lehnen die Reform des Apothekenwesens ab. Sie befürchten das Ende der wohnortnahen Versorgung mit Arzneimitteln und der Apotheke vor Ort. Nach den Plänen des Bundesgesundheitsministeriums soll künftig ein Pharmazeut nur noch wenige Stunden pro Woche in der Apotheke anwesend sein müssen. Der Apothekerverband im Hochsauerland befürchtet, dass die persönliche Beratung des Patienten leidet.
"Persönliche Beratung wird leiden"
Der Bundesgesundheitsminister will durch die Reform Apotheken ohne Apotheker schaffen, so die Einschätzung von Sandra Dietrich-Siebert, Vorsitzende der Bezirksgruppe Hochsauerland im Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL).
„Wie soll das funktionieren?“, fragt sie. „Viele Leistungen können nur von einer Apothekerin oder einem Apotheker erbracht werden, zum Beispiel die Abgabe von starken Schmerzmitteln. Sollen wir diese künftig nur noch einmal pro Woche mit Termin abgegeben? So lange kann ein Schmerzpatient nicht warten“, kritisiert Sandra Dietrich-Siebert. „Das Ministerium kürzt damit Leistungen für Patienten.“ Auch die persönliche Beratung der Patienten werde leiden, fürchtet sie. Denn ohne das besondere Fachwissen der Apotheker gebe es keine umfassende Medikationsberatung. „Das bedeutet für die Patienten weniger Therapiesicherheit und weniger Hilfe, um Neben- und Wechselwirkungen zu vermeiden. Das führt zu Folgeerkrankungen und am Ende auch zu höheren Kosten im Gesundheitssystem.“
Apothekenschließungen befürchtet
Nach Einschätzung der Apothekerschaft im Sauerland will will das Bundesgesundheitsministerium auch die Ausstattung der Apotheken einschränken, sodass künftig nicht mehr alle Betriebe Rezepturen herstellen, also individuelle Arzneimittel für Patienten wie Salben und Cremes oder im Falle von Engpässen Fieber- und Antibiotikasäfte. Weitere Schließungen drohten Ferner finde der Minister mit seinem Entwurf keine Lösung für die durch die Politik verursachte wirtschaftlich schwierige Lage der Apotheken, sondern verschärfe sie sogar noch zusätzlich, kritisiert Sandra Dietrich-Siebert. Die Vergütung der Apotheken sei staatlich geregelt und seit mehr als elf Jahren nicht mehr erhöht, sondern zuletzt sogar gekürzt worden. „Wir brauchen dringend einen Inflationsausgleich“, fordert Sandra Dietrich-Siebert. Vor einem Jahr bereits sind sie und ihre Kollegen erstmals auf die Straße gegangen und haben gegen die Unterfinanzierung der Apotheken protestiert: „Seitdem hat sich nichts verbessert, die Lage ist nur noch schlimmer geworden. Ein Viertel der Apotheken ist bundesweit mittlerweile wirtschaftlich stark gefährdet. Die Zahl der Schließungen wird weiter zunehmen.“
Seit Beginn des Jahres 2022 bis heute sind rund 1.200 Apotheken bundesweit geschlossen worden. Das entspricht nahezu 70 Prozent der Apotheken in Westfalen-Lippe. Die Situation drohe sich durch die Reformpläne noch zuzuspitzen.
Sandra Dietrich-Siebert fordert Kommunalpolitiker sowie Bundes- und Landtagsabgeordnete auf, die Reform zu verhindern. Eine gute Gesundheitsversorgung sei ein wichtiger Standortfaktor, der dann insbesondere zulasten kleinerer, ländlicher Kommunen verloren gehen wird.