Marsberg: Ritzenhoff hat eine Zukunft

Der insolvente Glashersteller Ritzenhoff in Marsberg hat ein Sanierungskonzept, Gläubigerausschuss stimmt dem zu.

© Radio Sauerland

Die Zukunft des Marsberger Glasherstellers Ritzenhoff ist gesichert. Das hat das Unternehmen angekündigt. Der Gläubigerausschuss hat heute das Angebot des Konsortiums Ritzenhoff/Zeppenfeld/Tönnies angenommen. Damit ist der dauerhafte Weiterbetrieb gesichert. Die Glasproduktion wird weiter am Standort Marsberg fortgesetzt werden können, heißt es aus Marsberg. Die Mitarbeiter waren zu den Plänen befragt worden. Sie haben in den vergangenen Tagen mit überwältigender Mehrheit dem Konzept des Investors zugestimmt, heißt es.


Der Marsberger Glashersteller Ritzenhoff war schon Mitte des Monats zuversichtlich, dass das Unternehmen trotz Insolvenz am Markt bleibt. „Die Ritzenhoff AG befindet sich in ihrer umfassenden Sanierung auf einem guten und zielgerichteten Weg, " hieß es da. Ritzenhoff hatte am 18.3. 89 Beschäftigen von 430 gekündigt und ihnen angeboten, in eine Transfergesellschaft zu wechseln. Gestiegene Kosten für Energie und Rohstoffe hatten den Glashersteller in die finanzielle Schieflage gebracht. Der Unternehmer Robert Tönnies, Mitgesellschafter des Fleischproduzenten Tönnies, ist seit Herbst an Ritzenhoff beteiligt.

Hintergrund

Nach intensiven Gesprächen und Verhandlungen mit verschiedenen Interessenten, wurde dem Gläubigerausschuss ein notarielles Kaufangebot vorgelegt. Die Nachfahren des Gründers haben mit Unterstützung des Minderheitsgesellschafters Robert Tönnies eine übertragende Sanierung auf Nachfolgegesellschaften angeboten, um Ritzenhoff in die Zukunft zu führen. Seit der heutigen Sitzung des Gläubigerausschusses sind alle Voraussetzungen zum Wirksamwerden dieses Angebotes erfüllt. Der Gläubigerausschuss, die Banken und die Belegschaft haben dem Angebot zugestimmt, heißt es. Damit kommt der Kaufvertrag zustande. Der Vollzug wird voraussichtlich Ende April erfolgen. Es müsse die Zustimmung der Kartellbehörden und der Gläubigerversammlung abgewartet werden.


Das Angebot markiere nicht nur einen wichtigen Meilenstein in der Geschichte des Unternehmens, sondern ist auch ein positives Signal für die Glasproduktion am Standort Marsberg.


Neue gesellschaftsrechtliche Struktur


Ritzenhoff wird in drei Gesellschaften aufgeteilt. Die Mitarbeiter der Verwaltung wechseln in die RZT Group, die Mitarbeiter aus der Produktion, dem Vertrieb, der Logistik und dem Marketing in die RZT Glass. Die in der Veredlung tätigen Mitarbeiter arbeiten zukünftig in der RZT Decoration. Nach dem Vollzug der Transaktion samt Übergang der Marken und Namensrechte ist eine Umbenennung der RZT Erwerbsgesellschaften in „Ritzenhoff“ geplant.


Neues Kapitel beginnt für die Ritzenhoff AG


Carsten Schumacher, Vorstandsvorsitzender der Ritzenhoff AG, zeigt sich erleichtert. Er teilt mit: „Die vergangenen Monate waren sehr herausfordernd für uns alle. Allen voran gilt mein Dank unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei der Ritzenhoff AG für ihr großartiges Engagement und ihr Durchhaltevermögen. Ich sehe im Kaufangebot und der damit einhergehenden übertragenden Sanierung großes Potenzial, uns zukunftsfähig sowie wirtschaftlich tragfähig aufzustellen und neue Wege für Innovation und Wachstum zu eröffnen. Ich freue mich, dass der Gläubigerausschuss, die Banken und die Belegschaft den Weg dafür frei gemacht haben.“ Durch die übertragende Sanierung eröffnen sich auch neue Wege für Innovationen und Wachstum.


Dr. Martin Kaltwasser, Partner der Kanzlei LIESER Rechtsanwälte, hat das Eigenverwaltungsverfahren der Ritzenhoff AG als Generalhandlungsbevollmächtigter begleitet. Er sagt: „Es ist eine privilegierte Situation, bereits früh im Prozess mit Investoren ins Gespräch zu kommen. Das Unternehmenskonzept hat sehr gute Chancen im Glasmarkt erfolgreich zu sein.“ Jens Lieser, Gründungspartner der Kanzlei LIESER Rechtsanwälte, ergänzt: „Das vorliegende Kaufangebot ist das Ergebnis umfassender Verhandlungen. Es resultiert aus fundierten Finanz- und Investitionsplanungen und strategischen Überlegungen des Investors, um eine stabile Grundlage für die Zukunft des Betriebs zu schaffen. Neben den wirtschaftlichen Interessen des Erwerbers, werden durch das Angebot auch die Interessen der Gläubiger im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften berücksichtigt, wofür die Eigenverwaltung intensive Verhandlungen mit der Investorenseite geführt hat. Für die Gläubiger ist dieses Angebot die beste der vorliegenden Optionen. Das Angebot ist ein klares Zeichen dafür, dass die Glasproduktion an diesem Standort zukunftstauglich ist. Wir freuen uns, dass es für eine Vielzahl der Beschäftigten bei Ritzenhoff eine Zukunft gibt und die Sanierung dieses deutschen Traditionsunternehmens gelungen ist.“


Robert Tönnies ist bereits als Unterstützer der Ritzenhoff AG bekannt. Im Herbst 2023 hatte sich Robert Tönnies an der Ritzenhoff AG beteiligt, um die Inhaberfamilie bei der Neuausrichtung des Unternehmens zu unterstützen, hieß es. Vor diesem Hintergrund hatte Robert Tönnies auch im weiteren Restrukturierungs- und Sanierungsprozess seine Unterstützung zugesichert – mit der nunmehr geglückten übertragenden Sanierung konnte dieses Versprechen in die Tat umgesetzt werden, so Ritzenhoff. Robert Tönnies: „Ich glaube an den Betrieb, der bereits seit 120 Jahren hier in meiner westfälischen Heimat ansässig ist. Die Entschlossenheit und das Engagement des gesamten Ritzenhoff-Teams haben mich sehr beeindruckt und letztlich auch überzeugt, hier erneut zu investieren. Alle Beteiligten freuen sich nun auf eine fruchtbare Partnerschaft und sind zuversichtlich, dass unsere gemeinsamen Bemühungen das Unternehmen wieder erfolgreich machen.“


Hintergründe der übertragenden Sanierung


Für die Ritzenhoff AG war am 25. Januar 2024 ein Eigenverwaltungsverfahren eingeleitet worden. Es hatte zum Ziel, das Unternehmen aufgrund der immer weiterwachsenden wirtschaftlichen Herausforderungen strategisch neu auszurichten und auf diesem Weg langfristig zu stabilisieren. Die CoViD-19-Pandemie und die gestiegenen Energiepreise haben das Geschäftsumfeld der Gesellschaft stark beeinflusst und diesen Schritt notwendig gemacht, heißt es. Als Glashersteller »Made in Germany« deckt Ritzenhoff den gesamten Produktionsprozess von der Entwicklung bis zur Auslieferung ab. Dabei setze Ritzenhoff nicht nur auf modernste Hightech-Verfahren, sondern profitiere auch von Wurzeln im traditionellen Handwerk und in der Glasmacherkunst.

Weitere Meldungen

skyline